Streik bei vier NRW-Lokalradios

Heute Morgen sind Journalist:innen von Radio Bochum, Radio Essen, Radio Emscher-Lippe und Radio K.W. (Kreis Wesel) in den Streik getreten. Die Lokalfunker:innen protestieren damit gegen ein peinliches Niedrigangebot der Arbeitgeberseite in der aktuellen Gehaltstarifrunde. Zu dem eintägigen Ausstand aufgerufen hat der Deutsche Journalisten-Verband in NRW (DJV-NRW).

DJV NRW Logo„Mit ihrem jüngsten Angebot in der Gehaltstarifverhandlung haben die Arbeitgebervertreter der Tarifgemeinschaft Lokaler Rundfunk (TGL) die Grenze zur Lächerlichkeit überschritten“, betont DJV-Verhandlungsführer Volkmar Kah. „Wie brüskiert die Beschäftigten von diesem Angebot sind, zeigen sie im ersten Streik in dieser Tarifrunde, zu dem wir heute zunächst die Lokalfunker:innen der ersten vier von insgesamt 44 betroffenen Sendern aufgerufen haben.“ Die Streikenden treffen sich seit 6:15 Uhr zentral vor dem Funke Medienhaus am Jakob-Funke-Platz in Essen.

Ganze 1,5 Prozent Tarifsteigerung ab dem 1. Juli 2024 und weitere 1,5 Prozent lineare Erhöhung zum 1. Juli 2025 bei einer Laufzeit von drei Jahren bietet die Arbeitgeberseite an. Für Beschäftigte an Sendern, die mindestens 200.000 Euro Gewinn machen, soll es zudem zwei Einmalzahlungen von 500 Euro geben. „Das verstehen die Beschäftigten nach sechs Jahren extremer Lohnzurückhaltung und angesichts galoppierender Lebenshaltungskosten mit Recht als Affront“, kommentiert Kah. „Wir fordern eine lineare Erhöhung im Volumen von 12 Prozent, eine angemessene Inflationsausgleichsprämie, familienfreundlichere Strukturen, eine Bezuschussung des Deutschlandtickets sowie längst überfällige Regelungen zur Ausstattung von Homeoffice und mobilem Arbeiten.“

Bei den Arbeitgebern verhallte diese Forderung bisher: „Auf der einen Seite lassen sich die Sender Gewinnmargen von perspektivisch zehn Prozent garantieren und drohen ansonsten mit Zusammenlegung von Sendern“, kritisiert DJV-Verhandlungsführer Kah. „Auf der anderen Seite sparen sie an denen, die den Lokalfunk zum beliebtesten Radio in Deutschland machen, was die Analysen der Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse regelmäßig belegen. Die Arbeitgeberseite versteht einfach nicht, wie sie mit ihrer einfallslosen Niedriglohn-Strategie schleichend das Fundament zerbröselt, auf dem alle Lokalsender stehen: das überdurchschnittliche Engagement und die hohe Motivation ihrer Journalist:innen. Weil viele Beschäftigte aber kaum ihren Lebensunterhalt mit dem Verdienst bestreiten können, verlassen inzwischen auch jene frustriert die Branche, die den Job eigentlich lieben. Sehr alarmierend ist, dass kaum Nachwuchs hinterherkommt.“

Auch für die Verantwortlichen in den Kommunen müsse die Krise im Lokalfunk ein Warnsignal sein, so Volkmar Kah: „Sie betonen oft, wie wichtig der Lokalfunk auf kommunaler Ebene ist – gleichzeitig bleibt das aber leider oft ohne Konsequenz. Denn viele könnten ja als Minderheitsgesellschafter ihren Einfluss auf die Betriebsgesellschaften (BG) stärker geltend machen, um für faire Bezahlung der Menschen zu sorgen, die die Bürger:innen in ihren Landkreisen und Städten täglich professionell informieren und unterhalten. Aus dieser Richtung würden sich die Lokalfunker:innen noch viel mehr Unterstützung wünschen!“

Hinweis: Die Arbeitgeberseite setzt sich aus Vertretern der Veranstaltergemeinschaften (VG) und Vertretern der Betriebsgesellschaften (BG) zusammen. Die VGen sind die eigentlichen Arbeitgeber und verantworten die Inhalte, die BGen sind für die Vermarktung und Finanzierung der Sender verantwortlich.

Alle Informationen zur Gehaltstarifrunde der NRW-Lokalfunksender


Update von 14:17 Uhr: 

Streiks im Lokalfunk zeigen gravierende Auswirkungen: Lokales fällt heute aus

Die ganztägigen Arbeitsniederlegungen der Lokalfunker:innen bei Radio Bochum, Radio Essen, Radio Emscher-Lippe und Radio K.W. (Kreis Wesel) sorgen bereits jetzt für gravierende Programmausfälle. Lokale Berichterstattung findet in drei Sendern streikbedingt heute so gut wie gar nicht statt, bei Radio Essen ist der Chefredakteur quasi allein zu Haus.

Weil ihre Redakteur:innen in den Streik getreten sind, senden Radio Emscher Lippe, Radio K.W. und seit dem späten Vormittag auch Radio Bochum heute ausschließlich das zugelieferte Regionalprogramm von Radio NRW. Ihren eigentlichen Markenkern, die lokale Berichterstattung können die Sender heute dagegen nicht liefern. Bei Radio Essen ist der Chefredakteur mit nur geringer Unterstützung quasi allein am Mikro. Ob er es schafft, den ganzen Tag mehr oder weniger allein zu moderieren, wird man sehen. Seine Redaktion hat fast vollständig die Arbeit niedergelegt. Auch bei Radio Bochum fehlen lokale Inhalte nach der Frühschicht für heute völlig. Die Streikenden versammeln sich am DJV-NRW-Streikstand vor dem Funke-Verlagshaus in Essen.

DJV-NRW-Geschäftsführer Volkmar Kah (Bild: djv.de)
DJV-NRW-Geschäftsführer Volkmar Kah (Bild: djv.de)

„Alle vier Sender können heute ihre wichtigste Aufgabe nicht erfüllen – nämlich darüber zu berichten, was direkt vor der Haustür ihrer Hörer:innen passiert“, kommentiert DJV-Verhandlungsführer Volkmar Kah. „Das ist ein Denkzettel für die Arbeitgeber. Falls sie es vergessen hatten, wissen sie es spätestens jetzt wieder: Ohne engagierte Journalist:innen in den Redaktionen gibt es keinen Lokalfunk!“

Der Deutsche Journalisten-Verband in NRW (DJV-NRW) hat heute zunächst zum Streik in den ersten vier der insgesamt 44 NRW-Lokalsendern aufgerufen, für deren Beschäftigte zurzeit Gehaltstarifverhandlungen laufen. Weitere Streikaktionen sind nicht ausgeschlossen. „Der Erfolg schon dieser ersten Streiks spricht Bände“, so Kah weiter. „Der Frust der Beschäftigten ist groß und die Arbeitgeberseite muss jetzt endlich in den Tarifverhandlungen signalisieren, dass sie die Forderung der Lokalfunker:innen nach einer fairen Gehaltserhöhung ernst nimmt und den Kolleg:innen entgegenkommt.“

Quelle: Pressemeldungen des DJV-NRW

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